Der Kult der Schwarzwald-Kelten
Der Belchen, der „König der Schwarzwaldberge“, bietet einen grandiosen Blick über die Höhen und Täler des Schwarzwaldes bis hin zur Rheinebene, zu den Vogesen und zu den Alpengipfeln. Doch steckt dahinter noch viel mehr als nur eine außergewöhnliche Rundsicht? Auf so manchen mag der sagenumwobene Belchen noch eine weit größere Faszination ausüben…
Der Belchen ist ein Ort der Magie, ist sich Johann Peter Hebel sicher. Für ihn geht von dem Berg eine faszinierende Kraft aus. Der alemannische Dichter verehrt den mystischen Belchen so sehr, dass er um 1800 mit seinen engsten Freunden einen Geheimzirkel gründet. Zusammen mit seinen Verbündeten entwickelt Hebel sogar eine Geheimsprache, den „Belchismus“. Die Mitglieder zelebrieren auf diese Weise nicht nur ihre Begeisterung für den Belchen, sondern auch ihre Liebe zur Heimat und zur Natur.
Im Dreiländereck Deutschland – Frankreich – Schweiz tragen gleich fünf Berge den Namen „Belchen": Neben dem Schwarzwälder Belchen gibt es den Elsässer Belchen (Ballon d´Alsace), den Kleinen Belchen ...
Fast 200 Jahre später lassen Heimatforscher den Belchismus neu aufleben. Sie entdecken das sogenannte „Belchen-System“: Im Dreiländereck Deutschland – Frankreich – Schweiz tragen gleich fünf Berge den Namen Belchen: Neben dem Schwarzwälder Belchen gibt es den Elsässer Belchen (Ballon d´Alsace), den Kleinen Belchen (Petit Ballon) und den Großen Belchen (Grand Ballon) in Frankreich sowie den Jurabelchen (Belchenflue) in der Schweiz. Die Forscher stellen einen verblüffenden Zusammenhang zwischen den fünf Belchen fest – ist die Namensgleichheit also kein Zufall?
Das Belchen-System: ein Geheimnis keltischer Druiden
Nach der Theorie der Forscher geht der Name „Belchen“ auf die Praktiken keltischer Druiden zurück: Die fünf Berge sollen den hoch geachteten Priestern, Lehrern und Heilern bereits im zweiten Jahrhundert vor Christus als Sonnenkalender gedient haben. Es handelte sich nach dieser Auffassung um ein großräumiges Sonnensystem zur Bestimmung der Jahreszeiten. Betrachten wir die Lage der Belchen auf einer Karte, so lässt sich feststellen, dass Elsässer Belchen, Schwarzwälder Belchen und Jurabelchen in einem rechtwinkligen Dreieck miteinander in Verbindung stehen.

Stehen wir auf dem Ballon d'Alsace, so sehen wir an den Tagen der Tagundnachtgleiche am 21. März und am 23. September die Sonne über dem Belchen im Schwarzwald aufgehen. Umgekehrt sehen wir an diesen Tagen vom König der Schwarzwaldberge den Sonnenuntergang über dem Ballon d'Alsace. Bis zur Wintersonnenwende wandert der Sonnenaufgang in Richtung Süden und geht am kürzesten Tag des Jahres, am 21. Dezember, vom Ballon d'Alsace aus gesehen direkt hinter der Belchenflue im Schweizer Jura auf. Am Tag der Sommersonnenwende am 21. Juni, dem längsten Tag des Jahres, sehen wir die Sonne über dem Petit Ballon aufgehen.
Somit lassen sich vom Elsässer Belchen aus die Anfänge aller vier astronomischen Jahreszeiten beobachten. Es wird vermutet, dass den Kelten die Berge und ihre Beziehung zur Sonne bekannt waren, denn das Führen von Kalendern war ein wichtiger Bestandteil ihrer Kultur.
Der Sonnengott Belenus – Namensgeber der Belchen?
Der Mythos umrankt auch die Namensgebung der fünf Belchen. Die keltischen Druiden sollen die Gipfel verehrt und ihrem Gott des Lichtes gewidmet haben. Demnach trage das Wort „Belchen“ denselben Stamm wie der Name des Sonnengottes Belenus. Ausgerechnet am ersten Mai, dem Feiertag Beltane, geht die Sonne vom Elsässer Belchen aus gesehen genau über dem Großen Belchen auf. Dieser Feiertag war Belenus gewidmet und wurde von den Kelten nicht nur als Jahresanfang, sondern auch als Sommerbeginn gefeiert.
Archäologische Hinweise?
Nur wenige Anhaltspunkte über die Praktiken der Kelten lassen sich tatsächlich nachweisen. Der Mythos um den Namen der Belchen und das Geheimnis der Druiden ist deshalb nicht unumstritten. Sprachwissenschaftliche Forscher zweifeln die Theorie aufgrund fehlender archäologischer Beweise an. Laut ihnen stammt der Name Belchen aus dem Alemannischen, wo „Belchen“ einen Berg ohne Spitze mit einer kahlen Kuppe bezeichnet. Und tatsächlich: Betrachten wir den König der Schwarzwaldberge sowie seine Namensgenossen genauer, sehen wir einen Berg mit rundlichem Gipfel und kahler Kuppe.
Eine Wanderung zum unter Naturschutz stehenden, unbewaldeten Gipfel des Belchen ist ein Muss für jeden gut trainierten Schwarzwaldurlauber.
Die Wahrheit über den Belchenmythos werden wir wohl nie erfahren. Doch ganz egal, welcher Theorie wir auch Glauben schenken mögen – einen Hauch von Magie übt der König des Schwarzwalds mit seinem grandiosen Rundumblick in jedem Fall auf uns aus. Wir machen uns bei einer Tour auf den Belchen selbst ein Bild und lassen uns von den Mythen und einzigartigen Natureindrücken zu unserer ganz eigenen Geschichte inspirieren…

Geschichte auf Karte entdecken
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Eine Wanderung zum unter Naturschutz stehenden, unbewaldeten Gipfel des Belchen ist ein Muss für jeden gut trainierten Schwarzwaldurlauber.
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